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„Botox“ für die Blase gegen Urinverlust

In Berlin soll es die Injektion per feiner Nadel für die Gesichtsfalten bereits in der Mittagspause geben „Botox to go“, andernorts feiern sie regelrechte Partys, die nach dem Nervengift benannt sind: Botulinum Toxin A (kurz: „Botox“) ist in der Gesellschaft salonfähig, wenn es darum geht, die Zeichen der Hautalterung für ein paar Monate aufzuhalten. Doch abseits dieses kosmetischen Hypes wird das Toxin in der Medizin auch zur Behandlung von wirklich schweren Leiden eingesetzt, etwa in der Therapie der Volkskrankheit Inkontinenz.





„Botulinum Toxin A ist mittlerweile eine Routinebehandlung bei Blasenfunktionsstörungen. Wenn herkömmliche Methoden nicht helfen, kann es durchaus eine Alternative sein“, sagt Prof. Dr. med. Michael Truß, Direktor der Klinik für Urologie am Klinikum Dortmund. Funktionsstörungen der Blase können mit zunehmendem Alter („Reizblase“), aber auch bei neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder Multipler Sklerose und bei Querschnittslähmungen auftreten. „Der demographische Wandel wird die Zahl der Betroffenen in den kommenden Jahren rasant ansteigen lassen. Schon heute verkaufen die großen, internationalen Markenartikel-Händler mehr Windeln für Erwachsene als für Babys“, sagt Dr. med. Katrin Kempken, Oberärztin und Leiterin der Sektion Kontinenzchirurgie. Sie sieht einen dringenden Aufklärungsbedarf über die Therapiemöglichkeiten. „Harninkontinenz muss kein Schicksal sein, es ist in vielen Fällen heilbar.“ Der Wirkstoff Botulinum Toxin A wird während einer Blasenspiegelung direkt in die Muskulatur der Harnblase gespritzt. Symptome wie häufiger und unwillkürlicher Harndrang mit und ohne Urinverlust können so etwas sechs Monate lang reduziert oder völlig unterbunden werden. Danach muss eine weitere Injektion erfolgen. „Es gibt auch Fälle, in denen der Betroffene erst nach zwei Jahren wiedergekommen ist, weil vorher nicht nötig war“, sagt Dr. Kempken. Der Eingriff dauert in der Regel zehn Minuten. Die vollständige Wirkung setzt nach einigen Tagen ein.

„Die Blase ist dann aber nicht gelähmt, es sind nur einige Areale der Blase in ihrer Funktion herabgesetzt“, sagt Dr. Kempken. Umgekehrt lässt sich das Nervengift auch bei einer seltenen neurologischen Erkrankungen verwenden, bei der der Schließmuskel der Blase dauerhaft verkrampft. Hier löst der Wirkstoff diese Verkrampfung. „Der Wirkstoff schließt die therapeutische Lücke zwischen Medikamentengabe und Operation. Die Behandlung erfolgt in Narkose oder örtlicher Betäubung“, sagt Dr. Kempken. Zuvor muss allerdings erst eine genaue Diagnostik der Blasenfunktionsstörung erfolgen, zudem müssen alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. In den meisten Fällen übernehmen die Krankenkassen heute die Behandlungskosten.

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